2003 soll ein Fan von Wacker Innsbruck einen Polizisten schwer verletzt haben. Er wurde deshalb zu Schadenersatz in Höhe von 165.000 Euro verurteilt. Nach über zehn Jahren ist aber nun ein Video aufgetaucht, das seine Unschuld beweist.

Innsbrucker Fans waren nach einer Niederlage gegen Kapfenberg auf das Spielfeld gesprungen, darunter auch der Verurteilte. Der damals 19-jährige lieferte sich dabei ein Wortgefecht mit einem Polizisten, woraufhin er festgenommen wurde. Im anschließenden Strafprozess wurde er wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Geldstrafe von 120 Euro verurteilt. Eine Verurteilung wegen Körperverletzung erfolgt im Strafprozess nicht.

Der Polizist forderte jedoch nach dem Verbrechensopfergesetz Schadenersatz, da er nach seinem Einsatz im Innsbrucker Stadion einen schweren Bandscheibenvorfall erlitten habe. Aufgrund von Lähmungserscheinungen im Bein könne er die besser bezahlten Außendienste nun nicht mehr leisten. Den Verdienstausfall, der er auf rund 850 Euro monatlich bezifferte, wollte sich der Polizist vom Bundessozialamt ersetzen lassen. Das Amt aber verweigerte die Auszahlung, eben weil eine Verurteilung wegen Körperverletzung im Strafprozess nicht erfolgt war, was laut Bundessozialamt aber die Voraussetzung einer Entschädigungszahlung gewesen wäre.

Der Polizist behauptete nun, über eine circa einen Meter hohe Werbebande gefallen zu sein, weil sich der Festgenommene heftig gewehrt und um sich geschlagen habe, und klagte zivilrechtlich auf Schadenersatz. Im Lauf der Verfahren wurde der Sturz des Polizisten völlig unterschiedlich geschildert. Bildaufnahmen von der Videoüberwachung waren vom zweiten abführenden Polizisten bei seiner Ermittlungstätigkeit gelöscht worden. Auch der großen Anzahl der Entlastungszeugen wurde vom Gericht kaum Glauben geschenkt. Nach einem jahrelangen Prozessmarathon kam es trotz massiver Widersprüche zu oben genanntem Urteil.

Erst Jahre nach dem Vorfall stellte sich durch Zufall heraus, dass der Polizist gar nicht über die Werbebande gefallen war. Ein Versicherungsreferent, mit dem der Anwalt des Verurteilten beruflich zu tun hatte, unterhielt sich in dessen Gegenwart bei einer Zigarettenpause mit seinem Büronachbarn über den Fall. Dabei stellte sich heraus, dass der Versicherungsreferent ein fanatischer Wacker-Fan war, der öfters private Videoaufzeichnungen bei Heimspielen anfertigte. Tatsächlich fand sich die Szene auf einem der Videos. Das Band zeigte, was sich damals wirklich zugetragen hatte: "Es gab keinen Sturz oder ein Um-sich-Schlagen meines Mandanten." Die Polizisten waren vielmehr mit dem Festgenommenen auf eine weitere Beamtin gestoßen, wobei der Fan leicht mit der Werbebande in Berührung kam, die etwas verschoben wurde. In den vorangegangenen Prozessen waren Aufnahmen dieser verschobenen Bande als Indizien gegen den Verurteilten gewertet worden.

Darüber hinaus tauchte noch eine weitere Ungereimtheit auf, denn der Fan wurde von drei - und nicht wie immer behauptet von zwei - Polizisten abgeführt. Diesen dritten Polizisten konnte man aber bis heute nicht ausfindig machen. Er war auch in den Prozessen nie erwähnt worden.

Der Anwalt des Fans kommt deshalb zu folgendem Schluss: "Ich kann hier nur Mutmaßungen anstellen: Man hat es von Anfang an darauf angelegt, sich an einem Fußballfan schadlos zu halten, obwohl man gewusst hat, dass einem eigentlich nichts zusteht.“

Mittlerweile wurde der Fan freigesprochen, das Urteil ist rechtskräftig. Aufgrund der offensichtlichen Falschaussagen durch den Polizisten reichte der Anwalt des Fans eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein, da er der Überzeugung ist, dass in diesem Fall ein Strafverfahren durchzuführen wäre. Er befürchtet aber eine Einstellung mit dem Argument, es lasse sich nichts sicher beweisen.

Ob dem Fan der erlittene Schaden jemals komplett abgegolten wird, bleibt fraglich.

 

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