Beim Bundesligaheimspiel des 1. FC Nürnberg gegen Borussia Dortmund am 1. September 2012 war wie vor jedem Heimspiel eine Gruppe von Personen vor Stadionöffnung in den Blöcken der Nordkurve mit vorbereitenden Arbeiten für das Spiel beschäftigt (Zettelstecken, Spruchbänderzurechtlegen, Zaunfahnenaufhängen usw.).
Dass diese Personen der Fanbetreuung in der Regel persönlich bekannt sind, zumindest aber namentlich dadurch erfasst werden, dass sie ihre Dauerkarten beim Betreten des Stadions beim Fanbeauftragten hinterlegen, ist gang und gäbe. So auch dieses Mal. Es trieb sich also kein "fremdes Volk" unbeaufsichtigt im Stadion herum, dem besonders zu misstrauen gewesen wäre. Vielmehr handelte es sich um Personen, denen der Veranstalter in besonderer Weise vertraut. Wer ließe denn auch Leute in seinem "Haus" herumwuseln, von denen er nicht sicher wäre, dass sie darin "keinen Unsinn bauen".
Trotzdem verspürten Mitglieder einer im Stadion eingesetzten Polizeieinheit den unabweisbaren Drang, einen der vom "Vorbereitungsteam" im Block deponierten Rucksäcke einer eingehenderen Überprüfung zu unterziehen, was natürlich den empörten, aber höflichen Protest des sich zum Beginn der Maßnahme in einiger Entfernung aufhaltenden Betroffenen hervorrief. Schließlich kam durch diese Maßnahme ein unerklärliches Misstrauen der Beamten gegenüber dem bewährten "Vorbereitungsteam" zum Ausdruck, dass sich noch nie durch irgendeine Verhaltensweise in einer Form verdächtig gemacht hat, die eine derartige polizeiliche Maßnahme auch nur ansatzweise rechtfertigen würde.
In deren Verlauf entspann sich sinngemäß folgender Dialog zwischen dem Besitzer des Rucksacks und den Mitgliedern der Polizeieinheit: "Ich durchwühle doch auch nicht Ihren Rucksack." - "Bei dir steht hinten aber auch nicht Polizei drauf!"
Dass der so Geduzte, nebenbei auch RSH-Mitglied, von dieser Form der Anrede nicht begeistert war, versteht sich. Genauso versteht sich natürlich auch, dass die peinliche Untersuchung des Gepäckstücks natürlich "null komma nix" zutageförderte.
Die RSH wandte sich deshalb mit einem Beschwerdeschreiben an die zuständige Polizeiinspektion und wies darauf hin, dass sowohl die vorgenommene Durchsuchung wie auch die von dem Beamten gewählte Anredeform nicht angemessen gewesen sei.
In ihrer Antwort hob die PI Süd nun darauf ab, dass die Durchsuchung keinesfalls willkürlich und anlasslos vorgenommen worden sei, sondern dadurch gerechtfertigt gewesen wäre, dass sich der Eigentümer des Rucksacks "trotz mehrfacher Nachfrage" nicht zu erkennen gegeben habe.
Erstens ist dem Betroffenen von einer irgendwie gearteten Nachfrage nichts bekannt. Er war vielmehr völlig konsterniert, als er aus einiger Entfernung beobachten musste, wie sich die Polizei plötzlich mit seinem Eigentum beschäftigte. Wer hier mehrfach gefragt worden ist, steht in den Sternen - zumindest nicht der Eigentümer. Zweitens stellt sich die Frage, warum gerade dieser eine Rucksack in den Fokus des polizeilichen Interesses geriet. Schließlich lag er ja nicht irgendwo alleine herum, sondern befand sich in der guten Gesellschaft mehrerer Artgenossen. Wären diese möglicherweise auch noch durchsucht worden, wenn der hoheitliche Akt nicht durch den Protest des Rucksackbesitzers unterbrochen worden wäre?
Allerdings merkte der damals zuständige Einsatzleiter in seiner Antwort an die RSH immerhin an, es könne "nicht befürwortet" werden, "dass ... einzelne Personen von den eingesetzten Beamten geduzt wurden." Leider verbindet er dies mit der Nebenbemerkung, dass die "Duzerei" von der Gegenseite angefangen worden wäre, was nach deren Aussage keinesfalls so gewesen sei. Schließlich achtet der brave Bürger ja penibel darauf, wie er eine Amtsperson anzusprechen hat, um sich unnötige Kalamitäten tunlichst zu ersparen.
Festzuhalten bleibt, dass die Polizeiführung die an sie gerichtete Kritik in einem halben Punkt akzeptiert, indem sie das "Duzen" durch Beamte kritisiert, in eineinhalb Punkten aber zurückweist, indem sie dem Gegenüber unterstellt, mit dem Fehlverhalten begonnen zu haben, und außerdem für eine Maßnahme, die ausschließlich anlassbezogen gerechtfertigt sein kann, in Ermangelung eines wirklichen Anlasses einen ebensolchen konstruiert. Ob man damit zufrieden sein kann, möge jeder für sich entscheiden.