1 Jahr 4 Monate Freiheitsstrafe verhängte das Amtsgericht Ingolstadt im Jahr 2014 gegen den Ingolstädter Polizeibeamten, der über ein RSH-Mitglied einen „völlig falschen“ Einsatzbericht verfasste, wie das Amtsgericht feststellte, um damit bewusst ein Ermittlungsverfahren gegen den jungen Fußballfan einleiten zu lassen.

Verfolgung Unschuldiger nennen dies die Juristen und die Mindeststrafe beträgt hierfür 1 Jahr.  Hinzu kam auch noch eine gefährliche Körperverletzung im Amt. Doch die Berufung des Beamten hatte Erfolg. Nach 3 ganztägigen Hauptverhandlungstagen reduzierte das Landgericht das Urteil. Es habe nur ein „minder schwerer Fall“ der Verfolgung Unschuldiger vorgelegen, meinten die Richter. 9 Monate Freiheitsstrafe wären dafür ausreichend.

Doch die Staatsanwaltschaft ließ nicht locker. Sie legte Revision zum Oberlandesgericht München ein und begründete diese ausführlich. Keinesfalls käme ein minder schwerer Fall in Betracht, denn es sei überhaupt nicht das Verdienst des Beamten gewesen, dass es nicht zur Verurteilung des jungen Fans kam. Dieser sei lediglich durch ein Video gerettet worden, das zufällig ein anderer am Ingolstädter Hauptbahnhof aufgenommen habe.

Ohne diesen Zufall, so war jedem in dem Verfahren klar, wäre das RSH-Mitglied verurteilt worden, weil er angeblich mit einer abgebrochenen Bierflasche auf einen Beamten losgestürmt sei und diesen sodann noch in die Wirbelsäule getreten habe, wie es in dem falschen Bericht hieß. Mit einer milden Strafe wäre das Verfahren sicher nicht ausgegangen.

Statt eines Termins beim Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Revision nun aber die überraschende Wende: Die Staatsanwaltschaft nahm "aus heiterem Himmel“ ihre eigene Revision wieder zurück. Doch warum? Das soll offenbar im Verborgenen bleiben. Es findet sich nur ein Vermerk in der Akte, dass es ein Telefonat und einen Emailwechsel zwischen der Generalstaatsanwaltschaft München und dem Leiter der Staatsanwaltschaft Ingolstadt gab. Weder der Inhalt des Telefonats noch der der Email sind in der Ermittlungsakte dokumentiert. Das Ergebnis dieser Gespräche jedoch erfolgte prompt. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt nahm ihre Revision zurück. Begründung: keine. Das Urteil ist damit stillschweigend rechtskräftig.

Hätte das amtsgerichtliche Urteil Bestand gehabt, wäre der Beamte automatisch aus dem Dienst entlassen worden. Bei einer Verurteilung zu 9 Monaten sind beamtenrechtliche Konsequenzen nicht zwingend. In diesem Fall muss die Disziplinarbehörde entscheiden. Doch: Wurde überhaupt jemals ein Verfahren eingeleitet? Die Akte schweigt sich dazu aus.  

Einen Teilerfolg gab es dagegen vor dem Verwaltungsgericht München. Der falsch Beschuldigte hatte gegen die in diesem Zusammenhang erfolgte Gewalttäter-Eintragung geklagt. Die Bundespolizei korrigierte darauf hin den Eintrag teilweise und nahm die Behauptungen des Fußtrittes und Flaschenangriffs zurück. Da die Staatsanwaltschaft Ingolstadt das Verfahren gegen das RSH-Mitglied nur wegen Geringfügigkeit eingestellt hatte und eine Widerstandshandlung angeblich vorlag, konnte eine komplette Löschung nicht erreicht werden. Diese erfolgte allerdings mittlerweile wegen Fristablaufs. 

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