Eine lustige Mottofahrt sollte sie werden, die Fahrt zur Bundesligapartie nach München am 13.4.13. Wenn man schon sportlich und im Stadion mit dem üblichen Grauen in der Landeshauptstadt rechnen musste, so versprach wenigstens die Verkleidung im Stile der 80er Jahre einiges. Kutten, Vokuhila-Frisuren, all diese Stilmittel einer Generation sollten einmal wieder aus der Mottokiste.
Der Traum von einer lustigen Fahrt geriet allerdings recht schnell zum Alptraum. In München wurde der Zug der Nürnberger, zu dem etliche Normalos, Frauen mit Kindern und Rentner genauso gehörten wie die später wieder unisono besungenen Ultras, sofort von vorne und hinten von Polizeikräften eingekesselt und auf einem extrem langen Umweg über die Felder Münchens Richtung Stadion geführt. Auf einem Weg, auf dem Gästefans normalerweise nicht geführt werden, weil er die Anreise der Münchner Fans (ja, der Fans, nicht der Besucher) kreuzt. Den Nürnberger Anhängern war es verwehrt, sich aus diesem an einen Almabtrieb erinnernden Szenario zu entfernen. Und wie es der Teufel will, gelang es einer doch recht großen Gruppe von Münchner Anhängern, die vom Morgen an, so spricht nun das Videomaterial, unter Beobachtung standen, gemütlich und ohne polizeiliche Intervention an die auf einer Brücke „gefangenen“ Nürnberger heranzukommen und diese anzugreifen. Dass eine Reaktion etlicher Personen aus den Nürnberger Reihen darauf erfolgte, ist kein Ergebnis, zu dessen Prognose man vorab eine Glaskugel gebraucht hätte.
Was dann folgte, war wieder einmal von einer äußerst merkwürdigen Wahrnehmungsverzerrung der polizeilichen Berichtspraxis geprägt. Während einerseits jede kleinste Kerbe, die ein Polizeibeamter bei dem Einsatz erlitten hat, als fürchterliche und unfassbare (zum x-ten Mal allein in dem Jahr) neue Dimension der Gewalt dargestellt wird, werden die Amtshandlungen, die eher im Bereich der Selbstjustiz denn im Bereich seriöser Polizeiarbeit liegen, geflissentlich tot geschwiegen. Auf dem Videomaterial ist eindeutig erkennbar, dass eine Vielzahl von Beamten auf zurückweichende (!) - wobei ein Zurückweichen bei einer Einkesselung in beide Richtungen schon eine Leistung ist – Personen Pfefferspray und Schlagstockeinsätze mit brutalster Gewalt und ohne jegliche erkennbare Rechtfertigung einsetzt. Berichte über Verletzte unter den Fans lässt der Polizeibericht zur Randnotiz werden.
Interessant ist aktuell vor allem, dass nach Berichten über die bereits laufenden Verfahren gegen die Anhänger des FC B***** die Nürnberger Anhänger aktuell als „Opfer“ der Vorfälle dargestellt werden. Dies sicher auch, um die völlig überzogenen Strafen zu untermauern, die aktuell von den Münchner Gerichten verhängt werden. Es ist allerdings zu befürchten, dass in den anstehenden Verfahren gegen die betroffenen Nürnberger diese Rolle ganz schnell zu einer ganz anderen mutieren wird, um dann wiederum die Grausamkeiten der Nürnberger besonders zu betonen.
Fakt ist: Die Polizei, die für die Trennung der Fans verantwortlich war, hat auf ganzer Linie daneben gegriffen. Weder hat sie es trotz Mitteln wie Hubschraubern geschafft, eine riesige Gruppe von Münchnern zu hindern, an die eingepferchten Nürnberger Fans heranzukommen, noch ist es ihr gelungen, die Vorfälle auch in Richtung des Verhaltens in den eigenen Reihen ordnungsgemäß auszuermittlen. Ganz zu schweigen von den Meldungen, die alles andere als eine umfassende Darstellung des Geschehens beinhalten. Die Justiz zeigt aktuell, dass sie nicht vorurteilsfrei mit derartigen Berichterstattungen umzugehen in der Lage ist.
Stellungnahme der AG Fananwälte: Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Spiel FC Bayern München gegen 1. FC Nürnberg am 13.04.2013