Nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft bekommt jetzt der Nürnberger Falschaussage-Polizist Deckung vom Polizeipräsidium. Es gibt keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen.
Zur Erinnerung: Ein Beamter der Polizeiinspektion Nürnberg-West hatte nach der Räumung eines Fan-Lokals in Nürnberg-Gostenhof zunächst auf der Polizeiwache eine Person der Teilnahme an einem Landfriedensbruch beschuldigt, obwohl sich diese zum Tatzeitpunkt im Polizeigewahrsam befand. In der Gerichtsverhandlung beschuldigte er zudem noch einen völlig unbeteiligten Angeklagten, der sich wegen einer ganz anderen Tat vor der Justiz verantworten musste.
Nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Falschaussage eingestellt hatte, fragte der zuständige RSH-Anwalt beim Nürnberger Polizeipräsidenten Johann Rast an, ob gegen den Beamten dienstaufsichtsrechtlich vorgegangen werde. Mittlerweile teilte das Polizeipräsidium mit, dass dies nicht der Fall sei. Es läge eine lediglich fahrlässige Falschaussage des Beamten bei Gericht vor.
Interessant daran: Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Strafrecht und dem Disziplinarrecht. Bestraft wird nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht auch fahrlässiges Handeln ausdrücklich im Gesetz als strafbar bezeichnet wird (z.B. fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung). Ein Beamter dagegen kann sich disziplinarrechtlich durchaus auch wegen Fahrlässigkeit eines Vergehens schuldig machen. Dass für einen Polizeibeamten die Wahrheitspflicht und besondere Sorgfalt bei Aussagen bei Gericht aber auch bei Zeugenaussagen im polizeilichen Ermittlungsverfahren zu den wesentlichsten Dienstpflichten gehören müsste, sieht offenbar das Nürnberg Polizeipräsidium nicht so streng.
Zwar stünde die Fehlerhaftigkeit der Aussage des Beamten vor Gericht fest. Dagegen sei nicht "mit der erforderlichen Sicherheit" festzustellen, dass der Beamte "durch größere Sorgfalt bei seiner Zeugenaussage die Fehlerhaftigkeit hätte erkennen und damit vermeiden können", so das Präsidium in seinem Antwortschreiben. Juristendeutsch kann so entlarvend sein: Hatte sich doch der Beamte "ganz sicher" gezeigt, dass alle von ihm bezeichneten Personen anwesend gewesen seien.
Statt sichere Erinnerung vorzugaukeln, einfach bei der Wahrheit zu bleiben, erscheint dagegen keine besonders schwierige Sorgfaltspflicht. Das Polizeipräsidium Mittelfranken geht davon aus, dass der Beamte künftig bei seinen Aussagen als Zeuge vor Gericht ganz besondere Sorgfalt walten lassen werde. Dies mag für diesen Beamten gelten, der sich massiv Ärger eingehandelt hat. Hätte er ein Signal in Richtung vorsichtigerer Angaben seiner Beamten setzen wollen, hätte der Polizeipräsident allerdings einen anderen Sorgfaltsmaßstab angesetzt.