Nico Nasenbär wählte zum Aufstiegsspiel gegen die Fortuna Düsseldorf zum Ende der vergangenen Saison bei strahlendem Sonnenstein den Anreiseweg mit der Straßenbahn. Unterwegs mit einer Gruppe junger Menschen, die im Polizeijargon gerne als „Problemfans“ bezeichnet werden, ging es frohen Mutes zum geplanten Aufstiegsfest im Max-Morlock-Stadion. Mit Polizeibegleitung - sogenannte szenekundige Beamte trabten nebenher, wie immer. Wofür jedoch, das fragt man sich allerdings schon. Ausgerechnett als die muntere Gruppe den Weg gegenüber der Zeppelintribüne passiert hatte und nach rechts zum Achteck abbiegen wollte, staunte Nico Nasenbär (alle Namen von der Redaktion geändert) nicht schlecht: das USK beendete die Reise abrupt und umstellte die ganze Gruppe. Einzeln wurden die Umzingelten an einem Polizeifahrzeug vorbeigeführt. Hinter der verdunkelten Scheibe - wie in einem mäßigen Fernsehkrimi - durften die Düsseldorfer Anhänger Max Schmidt und Moritz Speer nach dem Täter suchen. Und zumindest Moritz wurde fündig: Nico wurde prompt festgenommen, sogar über Untersuchungshaft wurde später diskutiert.
Doch was war geschehen? Moritz Speer und einige andere aus Düsseldorf hatten sich auf der Zeppelintribüne platziert, um auf den Spielbeginn zu warten. Eine Gruppe schwarz gekleideter Personen habe dort ebenfalls gesessen und Bier getrunken. Die habe Moritz Speer plötzlich umzingelt, eine Person habe ihm auf den Arm geschlagen und eine Fanclubfahne entwendet. Und wie es der Zufall wollte, erkannte der sich gar nicht in der Gruppe befindliche Max Schmidt kurze Zeit später eine Person, die ausgerechnet mit dieser Fanclubfahne unterwegs gewesen sei. Auf Aufforderung anzuhalten, sei die Person davon geeilt und in einer Ultragruppierung verschwunden. Davon machte er schleunigst Meldung bei der Polizei, die sodann die unter Polizeibegleitung Richtung Stadion schreitende Gruppe festsetzte.
Nun passte weder die Personenbeschreibung, die die Zeugen bei der Polizei abgaben, besonders trefflich, noch konnte ausgerechnet der Geschädigte eine Person beim Blick durch das Polizeifahrzeug erkennen. Auch ist es grundsätzlich höchst bedenklich, wenn ausschließlich potentiell Verdächtige vorbei geführt werden, aus denen man sich einen herauspicken kann. Es ist ein bekanntes Phänomen, dass Zeugen dann auch dazu neigen, sich auf eine Person festzulegen, weil sie sonst unglaubwürdig erscheinen konnten.
Aber gab es überhaupt einen hinreichenden Tatverdacht gegen Nico Nasenbär? War er doch mit seiner Gruppe unterwegs, seitlich begleitet durch einen Polizeibeamten, hinten ein Einsatzwagen im Schlepptau. Und der Verteidiger legte noch Beweisfotos vor, in denen die Gruppe einschließlich dem gut erkennbaren Nico nicht etwa auf der Seite der Steintribüne unterwegs war, sondern in dem baulich abgegrenzten gegenüberliegenden Bereich. Das bestätige später auch der szenekundige Beamte dem Grunde nach. Ob sich Nico darunter befunden habe, wollte er nicht angeben können. Und die ganze Gruppe könne man nicht im Blick haben, das sei auch gar nicht seine Aufgabe.
Doch die Staatsanwaltschaft ließ nicht locker. War doch DNA-Material am Arm des Geschädigten gefunden worden. Nicht etwa an der Fahne, denn diese tauchte nicht mehr auf und wurde auch nicht in der festgesetzten Gruppe festgestellt. Nicos RSH-Anwalt widersetzte sich. Schließlich hatte Moritz Speer doch eine ganz andere Geschichte erzählt. Der Täter sei mit einer Gruppe anderer Leute auf der Steintribüne gesessen und hätte ihn dann umkreist. Wie sollte das Nico gewesen sein können, der mit einem Beweisfoto nachweislich gerade in diesem Moment auf der gegenüberliegenden Seite gelaufen war? Ein Phantom, das sich in zwei Gruppen gleichzeitig befinden kann? Und hatten die Zeugen nicht selbst geschildert, dass der Täter in eine Ultragruppierung geflüchtet sei - nicht aber etwas, das er aus einer solchen herbei gekommen sei? Das Ermittlungsgericht überzeugte das nicht und ordnete die DNA-Probe an. Und siehe da, ein Treffer wurde nicht gefunden. Die Spuren am Arm des Geschädigten stammten offenkundig nicht von Nico Nasenbär.
Das Ende - möchte man meinen - wäre eine klare Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft gewesen. In der Tat, die gab es ohne Umschweife. Der Tatvorwurf habe sich durch die Ermittlungen nicht erhärtet. Dass Nico das Stadion an diesem Tag nicht von Innen sah, nun gut. Das kann man auch noch verschmerzen, wenn man froh ist über das Ende eines Ermittlungsverfahrens wegen Raubes, bei dem man sich unschuldig plötzlich eines massiven Vorwurfs gegenübersieht. Doch die Feststellung der Nürnberger Kriminalpolizei zum Abschluss des Verfahrens, war dann doch haarsträubend. Nach Eingang der negativen DNA-Analyse blieb für den zuständigen Beamten der Tatverdacht gegen den Beschuldigten "unverändert bestehen".