Es war der 27.03.2012, als die Kriminalpolizei München in Nürnberg anrückte. Auf der Suche nach dem Banner „Südkurve – Herz und Seele unseres Vereins“ reisten Kripobeamte aus Oberbayern persönlich in die Nürnberger Südstadt und nach Gostenhof, eskortiert von reichlich USK und ausgestattet mit einem Durchsuchungsbeschluss.

Aus dem Internet hatte die Staatsanwaltschaft München I zuvor von einem fehlenden Banner erfahren und Mitglieder der Schickeria zur Vernehmung vorgeladen. Diese schilderten nach Auffassung der Justiz einen räuberischen Angriff samt Entwendung des Südkurven-Stoffs. Wenig später notierte der Fußballstaatsanwalt: Ein zuverlässiger Informant, dem Anonymität zugesichert worden sei, habe ihm berichtet, dass eine andere Person etwas über den Verbleib des Banners wisse. Dieses sei von der Münchner "Cosa Nostra", in deren Kreisen sich der ebenfalls namentlich nicht benannte Informant des Informanten bewege, an die "Banda di Amici" gegeben worden. "Dort habe er das Banner auch gesehen", heißt es in dem Aktenvermerk weiter, "wo es sich jetzt befinde, wisse er nicht."

Das reichte der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht München für einen Durchsuchungsbeschluss für die Räumlichkeiten einer Nürnberger Ultragruppierung und für die Privatwohnung einer vermeintlichen Führungsperson der Gruppe. Die dagegen eingelegte Beschwerde zum Landgericht München I blieb erfolglos. Auch wenn der Betroffene nicht tatverdächtig sei, hätten konkrete Tatsachen vorgelegen, die ein Auffinden des Banners in der Wohnung wahrscheinlich gemacht hätten, so die Münchner Justiz, da er Führungsmitglied der Gruppe sei. Der zuständige RSH-Anwalt des Betroffenen legte Verfassungsbeschwerde gegen die Wohnungsdurchsuchung ein.

Fast vier Jahre nach der Durchsuchung nun der Paukenschlag aus Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Verfassungsbeschwerde für zulässig und offensichtlich begründet (BVerfG, Beschluss vom 11.01.2016,  2 BvR 1361/13). Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verbiete Durchsuchungen bei einem Unverdächtigen, wenn keine Tatsachen die Annahme begründen, dass sich dort beispielsweise Diebesgut befindet. Der Durchsuchungsbeschluss habe sich aber nicht auf Tatsachen gestützt, sondern auf bloße Vermutungen. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Banner in einer Privatwohnung, bei einer Führungsperson oder unabhängig davon bei dem Beschwerdeführer befinde, hätten nicht vorgelegen.

Das Landgericht München I muss nun noch einmal entscheiden. Allerdings nur noch über die Verfahrenskosten. Den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts hob das Bundesverfassungsgericht selbst auf, denn der Beschluss verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Grundgesetz (Unverletzlichkeit der Wohnung).

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