Ein fliegender Serviettenständer bei einem Spiel Gelsenkirchen gegen Dortmund war Anlass für ein Strafverfahren gegen Korbinian F. (Name von der RSH geändert). Die Staatsanwaltschaft hatte nach umfangreichen Ermittlungen inklusive Hausdurchsuchung die feste Überzeugung, dass Korbinian anlässlich des Spiels einen solchen mit dem Ziel durch die Luft geworfen habe, einen Polizisten damit zu verletzen.

Die Anklage wegen einer versuchten gefährlichen Körperverletzung erfolgte prompt, weil es sich bei dem Ständer um ein gefährliches Werkzeug handeln sollte. Nachdem bei gefährlichen Körperverletzungen Freiheitsstrafen ab sechs Monaten (ob mit oder ohne Bewährung) im Raum stehen, suchte der Verteidiger in der Verhandlung vorab das Gespräch mit dem Gericht und dem Staatsanwalt. Obwohl das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer nicht gerade für eine besonders sanfte Gangart bekannt ist, konnte in dem Gespräch eine Verständigung dahingehend erfolgen, dass eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen für den Fall eines Geständnisses in Aussicht gestellt wurde. Dies unter anderem, weil sowohl die besonnene Richterin wie auch der Staatsanwalt den Serviettenständer nicht zwingend für ein gefährliches Werkzeug hielten.

Natürlich ging Korbinian auf das Angebot ein. Das Verfahren fand damit ein allseits erträgliches Ende, außer für einen Beteiligten. Nachdem Korbinian bereits verurteilt war, erschien ein Szenekundiger Beamter aus Gelsenkirchen im Saal und zeigte sich irritiert, warum er denn nicht an der Reihe sei. Auf Erklärung des Staatsanwaltes, dass das Verfahren bereits beendet sei, wollte er wissen, in welcher Form. Als er das Ergebnis erfuhr, entfuhr ihm ein spontanes „Och, da bin ich jetzt aber enttäuscht“.

Letzteres wiederum brachte den Verteidiger in Rage, der dem Beamten kurz erläuterte, was seine Aufgabe als Zeuge im Strafprozess ist. Er konnte aber durch die Richterin und den Staatsanwalt beruhigt werden, die die volle Verantwortung für die Enttäuschung des Polizisten auf sich nahmen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie auch künftig bereit sind, Beamte wie diesen zu enttäuschen, die offenbar konkrete Wünsche bezüglich des Ausgangs eines Verfahrens hegen dürfen und sich noch nicht einmal zurückhalten, diese im Gerichtssaal zum Ausdruck zu bringen. 

 

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