Als im September 2016 das Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Oslo anstand, wollten drei RSH-Mitglieder das Qualifikationsspiel zur Fußball-Europameisterschaft im Stadion erleben. Doch die Reise endete bereits am Flughafen München: Stundenlang prüfte die Bundespolizei dort, ob gegen die Fans ein Ausreiseverbot verhängt werden solle. Das erfolgte zwar am Ende nicht, der Flieger war aber längst in der Luft.

Hintergrund war eine Information des sogenannten „fankundigen Beamten“ der Bundespolizei an die Bereitschaftswache der Polizei am Flughafen. Der fankundige Beamte habe einen „Hinweis“ auf vier bis fünf Personen aus der „Hooligan-Szene“ erhalten, die möglicherweise nach Norwegen zu der Partie fliegen wollen. Gegen zwei Personen lägen Eintragungen in der Datei „Gewalttäter Sport“ und eine Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlungen vor.

Da die Polizei die Flugdaten kontrollierte und zwei Personen ermittelte, die den „fankundigen“ Beamten in München bekannt waren, folgte eine Rasterfahndung nach Personen im Alter von 20 – 45 Jahren in Form eines sogenannten Last-Gate-Checks.

Und nun schlug die Bundespolizei bei den drei RSH-Mitgliedern zu. Zwar fielen sie gar nicht in das Altersraster, weil sie alle schon über 45 Jahre alt waren. Aber diese und noch weitere Personen - teilweise aus München -  hätten Einträge in Polizeidateien – auch der Datei „Gewalttäter Sport“. Vergangenheit aufgewiesen, hieß es später.

Was folgte war eine langwierige Prüfung der Eintragungen, Taschen und Personen. Die Fluggesellschaft musste das Gepäck wieder ausladen, das sich bereits im Flieger befand.

Nach zwei Stunden der Personenbefragung und Kontrolle sei die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze erreicht worden, vermerkte die Bundespolizei. Der Beamte habe die Einschätzung mitgeteilt, dass gegen alle diejenigen Ausreiseverbote verhängt werden könnten, die in der Datei Gewalttäter Sport eingetragen seien. Auch sei empfohlen worden, die „szenekundigen“ Beamten telefonisch zu befragen.

Die szenekundigen Beamten, die sich den Fans des 1. FC Nürnberg und des TSV 1860 München widmen, habe man nicht erreichen können, sondern nur den „Szenekundigen Beamten des Landes Bayern“. Der teilte nach mittlerweile drei vergangenen Stunden seit Beginn der Kontrolle mit, dass „keine expliziten Hinweise hinsichtlich gegnerischer Fangruppierungen in Norwegen“ vorlägen.

Erfolgreich war die Kontrolle dennoch. Auf eine teure Umbuchung hatte keiner der Betroffenen mehr Lust. Doch drei RSH-Mitglieder entschieden sich, die Bundesrepublik auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Sie argumentierten, dass sie weder in das Raster gefallen seien, noch von ihnen irgendeine Gefahr ausgegangen sei. Dass sie teilweise Kleidung mit sich geführt hätten, die die Polizei für hooligantypisch halte, sei schon deshalb kein Grund, weil diese überall käuflich erworben werden könne.

Einem Fan zahlte die Bundespolizei daraufhin die Kosten für den Flug und das gebuchte Hotel. Als jedoch zwischenzeitlich ein Münchener Fan gegen die Polizeimaßnahmen erfolglos beim Verwaltungsgericht München klagte, weigerte sich die Polizei, auch den zwei weiteren Fans aus Nürnberg Schadensersatz zu zahlen, so dass das Landgericht München I ins Spiel kam. Das ist für Amtshaftungsansprüche zuständig. Und das Landgericht war gar nicht so sicher, ob die Maßnahme insgesamt rechtmäßig gewesen war. Dazu hätte einer umfassenden Beweisaufnahme bedurft, teilte das Gericht in der mündlichen Verhandlung mit. Wenig Verständnis zeigten die Richter vor allem für die lange Dauer von Personen- und Gepäckkontrollen. Denn zu Recht hätten die Kläger darauf hingewiesen, dass sie bereits sämtliche Flughafensicherheitskontrollen absolviert hätten.

So einigten sich die Kläger und die Bundesrepublik darauf, dass die Hälfte der Schäden für den entgangenen Flug erstattet werden müssen. Erneut zeigt der Fall aber, mit welchen Repressionen Fußballfans rechnen müssen, wenn sie in der Datei „Gewalttäter Sport“ eingetragen sind oder auch nur mit Personen reisen, die dort eingetragen sind.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.